Was nützen Fahrgastinformationssysteme eigentlich, wenn Sie dann, wenn man sie am nötigsten brauchen würde, nicht zuverlässig funktionieren?
Es ist Montag, der 24. September 2018. Der Morgen nach dem Sturmtief Fabienne.
Um 6:55 Uhr soll meine Dienstreise per Bahn von Heroldsberg nach Mannheim mit folgender Verbindung beginnen:
Um 5:55 Uhr erhalte ich eine E-Mail mit einem Verspätungsalarm: Mein Zug um 6:55 Uhr von Heroldsberg nach Nürnberg Nordost fällt aus. Schienenersatzverkehr gibt es wohl nicht, wie der DB Navigator orakelt:
Angeblich stehen keine Busse zur Verfügung:
Dumme Technik statt intelligenter Schaffner
Ich ärgere mich über die Unfähigkeit der DB Netz AG, die nicht elektrifizierte Strecke im Zeitraum von 00:23 Uhr bis Betriebsbeginn zu räumen und denke mir:
„Früher hätte es das nicht gegeben!“
Da gab’s eine Bahnmeisterei, die vor dem ersten Zug rausgefahren ist, die Strecke kontrollierte und freigeräumt hat.
Heute haben wir die digitale Bahn: WLAN statt Motorsäge. Dumme digitale Technik statt intelligenter interaktiver Schaffner.
Wie ist die Betriebslage?
Ich prüfe die weitere Betriebslage:
- Die darauffolgenden Züge um 7:30, 8:09, 9:01 und 10:01 Uhr ab Heroldsberg nach Nürnberg sollen ebenfalls ausfallen.
- Mein InterCity fällt von Passau bis Nürnberg aus und soll ab Nürnberg bis Frankfurt planmäßig fahren.
- Von Frankfurt bis Mannheim fährt ein Ersatzzug.
Also gilt es, irgendwie nach Nürnberg kommen und selbst einen Schienenersatzverkehr zu organisieren. Mit dem Fahrrad.
Es fährt ein Zug nach Nürnberg Nordost
Als ich das Fahrrad aus der Garage hole, höre ich auf der „leider gesperrten“ Strecke einen Zug pfeifen.
Ich fahre mit dem Fahrrad los. Am Bahnhof von Heroldsberg steht auf Gleis 2 ein roter Dieseltriebwagen. Fast leer, weil der digitale Schriftanzeiger anzeigt, dass der Zug nicht fährt, obwohl einer im Bahnhof steht. Das Ausfahrsignal zeigt ein grünes Licht. Einsteigen oder nicht einsteigen?
Ich spreche mit dem Lokführer:
„Fahren Sie nach Nürnberg?“
„Ja.“
„Und wann?“
„Jetzt gleich.“
„Moment, ich muss mal schnell mein Fahrrad abschließen.“
Ich bleibe skeptisch und stelle dem Kollegen noch eine Frage:
„Ist da heute schon ein Zug hochgefahren?“
„Ja, ich. Aber nur bis Eschenau.“
Um 6:54 Uhr (eine Minute vor Plan) setzt sich der Triebwagen mit mir an Bord in Bewegung.
Nürnberg Nordost erreichen wir pünktlich. Ich freue mich schon auf mein gemütliches Abteil im InterCity. Bis ich auf dem Anzeiger am U-Bahnsteig lese:
Auch die VAG kocht nur mit Daten
Normalerweise fährt die U-Bahn alle paar Minuten. Wenige Sekunden später fährt eine U-Bahn ein. Ich steige ein, die Türen schließen sich und die U-Bahn fährt ab. Aha …
Auch Nürnberg Hbf erreiche ich pünktlich.
Mein InterCity um 7:30 Uhr nach Frankfurt soll allerdings mit 110 Minuten Verspätung abfahren, prophezeit das große Orakel in der Haupthalle.
Soll ich alternativ um 7:39 Uhr über Stuttgart nach Mannheim fahren? Geht nicht: Der Intercity über Stuttgart nach Karlsruhe fällt komplett aus! Oder alternativ um 8:00 Uhr mit dem ICE von Nürnberg nach Frankfurt? Der soll fahren!
Und er bewegt sich doch …
Rein vorsorglich gehe ich zum Gleis 6. Und da steht: Mein Intercity nach Frankfurt! Die Zuglok aufgebügelt. Die Heizung läuft. Einen Zugchef gibts auch.
Und jetzt wollen die den Zug ernsthaft noch zwei Stunden hier auf Gleis 6 stehen lassen?
„Die verarschen mich doch!“
Ich steige ein und mache es mir im Abteil gemütlich.
Pünktlich um 7:30 Uhr fährt der Intercity ab.
In Frankfurt erreiche ich wie geplant den Anschlusszug nach Mannheim.
Meinen Zielbahnhof Mannheim erreiche ich mit 15 Minuten Verspätung.
Fazit
Wozu benötigt man eigentlich Fahrgastinformationssysteme, wenn sie bei Großstörungen nicht zuverlässig funktionieren – also gerade dann, wenn man sie wirklich braucht?
Ohne Fahrgastinformationssysteme wäre meine Reise viel entspannter gewesen.
Ok, das stimmt nicht ganz: Die Züge wären nicht so schön leer gewesen …